Fermi LAT masterclass (German)

Einführung

 

Die Astrophysik der Gammastrahlen ist die jüngste Sparte der Astronomie. Sie hilft uns die Physik der heftigsten Explosionen und extremen Objekten im Weltall zu verstehen, wie zum Beispiel: supermassive Schwarze Löcher, Supernovaexplosionen, Pulsare oder Gammstrahlungsausbrüche.

 

Im ersten Teil der Masterclass werden wir eine kurze Einführung in das Feld der Gammastrahlungs-Astrophysik geben. Dabei werden die Quellen von Gammastrahlen als auch die Messung dieser Gammastrahlenemission thematisiert.

 

Danach wird es interaktive Übungen zum Erforschen von realen Gammastrahlungsdaten des Fermi Large Area Telescope geben. Das Fermi Large Area Telescope, kurz Fermi LAT, ist ein Gammastrahlungsdetektor zur Messung von Gammastrahlen an Bord eines Satelliten, welcher um die Erde kreist, wie die Internationale Raumstation ISS.

 

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Gammastrahlung

 

Elektromagnetische Strahlung bewegt sich als Welle durch den Raum genau wie Radiowellen, Mikrowellen oder das sichtbare Licht. Eine Welle kann durch eine Frequenz 𝛎 beschreiben werden. Wenn ihr einen bestimmen Radiosender sucht, dann verändert ihr genau diesen Wert, zum Beispiel entsprechen 100 mega Hertz (MHz) 100 Millionen Schwingungen in einer Sekunde. Eine Frequenz kann in eine Wellenlänge 𝛌 mit 𝛌 = c / 𝛎 umgerechnet werden, das bedeutet, wenn die Frequenz größer wird, wird im Gegenzug die Wellenlänge kleiner und umgekehrt. c ist hierbei die Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum von 300 000 km/s.

NASA, Public domain, via Wikimedia Commons

 

Dass diese Wellen nur als diskrete Quanten emittiert und absorbiert werden ist Max Planck größte Entdeckung. Hierbei entspricht die Energie dieser Quanten E = h𝛎, wobei h als die Planck Konstante bezeichnet wird. Diese diskreten Energiequanten nennt man Photonen. Je nach Frequenz (und somit Energie) des Photons unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Arten an Strahlung wie Mikrowellen, sichtbares Licht oder Röntgenstrahlung. Photonen mit den höchsten Energien bezeichnet man als Gammastrahlen.

 

Gammastrahlen entstehen zum Beispiel in radioaktiven Zerfällen von Atomen. Im Weltall jedoch werden diese Strahlen bei Zusammenstößen von hochenergetisch geladenen Teilchen (z.B. Protonen und Elektronen, welche sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit fortbewegen) und dem interstellaren Gas produziert.

Die eben erwähnten hochenergetisch geladenen Teilchen, auch kosmische Strahlung genannt, werden in extremen Ereignissen im All beschleunigt. Dazu zählen unter anderen Supernovaexplosionen, das Einstürzen der Masse eines Sterns bei der Bildung eines Schwarzen Loches oder Gaswolken, welche in supermassive Schwarze Löcher fallen. Gammastrahlung, die durch diese kosmische Strahlung entsteht geben uns Einblick in die Physik dieser extremen Ereignisse im Universium.

Wenn diese Gammastrahlen nun zur Erde kommen gibt es zwei Möglichkeiten, wie diese gemessen werden können. Einerseits kann Gammastrahlung durch einen Detektor über der Atmosphere, durch das Fermi LAT gemessen werden oder indirekt über die Interaktion der Gammastrahlung mit der Atmosphere durch einen dadruch entstandenen Teilchenschauer.

 

Das Fermi Large Area Telescope (LAT)

 

Das Fermi LAT Gammastrahlungs-Weltraumteleskop ist ein, wie der Name schon sagt, Gammstrahlungsdetektor auf einem Satelliten ca. 530 km über der Erde. Es wurde 2008 gestartet und umrundet die Erde in ca. 45 Minuten. Es benötigt eine Leistung von etwa 650 Watt, genauso viel wie ein Toaster.

An dem Projekt arbeiten ca. 400 Wissenschaftler*innen und Studierende an mehr als 90 Universitäten und Laboren in 12 Ländern.

 

Fermi LAT detector

Der Fermi LAT Detektor besteht aus drei Teilen:

Tracker

Ein einfallendes Gammastrahlungsphoton produziert ein Elektron-Positron Paar (ein Positron ist das Antiteilchen des Elektrons), dieser Prozess heißt Konversion. Die Flugbahn des Positrons und des Elektrons wird von dem Tracker aufgezeichnet. Diese Flugbahnen werden benutzt um die Richtung des Gammastrahlungsphotons zu rekonstruieren.

Kalorimeter

Die Energie des Elektron-Positron Paares wird hier deponiert und verwendet um so die Energie des Gammastrahlungsphotons zu bestimmen.

 

Anti-Koincidence Detektor 

Dieser Teil des Instruments wird verwendet, um Gammastrahlungsphotonen von geladenen kosmischen Teilchen, wie Elektronen oder Protonen, zu separieren. Er besteht aus einer Szintillationsplatte, welche aufleuchtet wenn ein geladenes Teilchen durchfliegt, aber nicht auf Gammastrahlung reagiert.

Quellen von Gammastrahlung

 

 

Drei Monate von Fermi LAT Daten mit einigen galaktischen und extragalaktischen Quellen. Credit: NASA/DOE/Fermi LAT Collaboration
http://cds.cern.ch/journal/CERNBulletin/2009/28/News%20Articles/1187591?ln=en

 

Diese Himmelskarte zeigt Daten über drei Monate hinweg aufgenommen mit Fermi LAT. Das helle gelb-rote band in der Mitte ist die Galaktische Scheibe unserer Galaxy (Milchstraße). Die meisten galaktischen Quellen (Pulsare und Supernova-Überreste) befinden sich in dieser Scheibe. Außerhalb der Scheibe befinden sich meist die extragalaktischen Quellen, wie aktive Galaxienkerne sowie Gammastrahlen von anderen Galaxien.

Wir werden euch im Folgenden kurz die verschienenden Gammastrahlungsquellen erklären.

Gammastrahlungsquellen in unserer Galaxie

Unser Sonnensystem befindet sich in der Milchstraße. In unserer Galaxie, welche eine Spiralgalaxie ist, gibt Milliarden von Sternen die Gammastahlen emittieren und somit von Fermi detektiert werden können.

Die meisten Quellen von Gammastrahlung in unserer Galaxie sind Pulsare und Supernova-Überreste.

Supernova-Überreste

Supernova-Überreste (engl.: supernova remnants, SNRs) sind galaktische Quellen, die durch eine Supernova-Explosion entstanden sind. Am Ende ihres Lebens produzieren massive Sterne nicht mehr genügend Energie um der gravitativen Anziehungkraft entgegenzuwirken. Dies resultiert in einem Zusammenbruch des Sterns was zur Folge hat, dass gravitative Energie in Form einer Explosion ausgestahlt wird (diese Art wird Kernkollaps-Supernova genannt). Daraufhin expandiert eine Art Schale vom Stern weg ins Weltall, dabei bleibt eine sehr dichter Überrest im Zentrum zurück, zum Beispiel ein Neutronenstern (siehe unten). SNRs sind extrem wichtig um unser Verständnis unserer Galaxie auszubauen. Zudem heizen sie das interstellare Medium auf, produzieren schwere Elemente und beschleunigen kosmische Strahlung.

 

Krebs Supernova-Überrest und Pulsarwind-Nebel https://en.wikipedia.org/wiki/Crab_Nebula

 

Der Krebsnebel ist ein Supernova-Überrest und ein Pulsarwind-Nebel in der Taurus Konstellation. Der allbekannte Name stammt von William Parsons, welcher dieses Objekt 1840 mit seinem 36-inch Teleskop beobachtete und auch eine Zeichnung davon anfertigte, die aussah wie ein Krebs. Entdeckt wurde der Nebel von dem englischen Astronomen John Bevis im Jahr 1731. Die Supernova wurde bereits 1054 von chinesischen Astronomen  beobachtet.

Die Filamente im äußeren Bereich des Krebsnebels sind Rückstände der expandierenden Schale der Supernova-Explosion von 1054. Im Zentrum wurde auch ein Pulsar detektiert, der Krebspulsar. Der Pulsarwind-Nebel ist hierbei der bläuliche Dunst in der Mitte. Dieser wird von hochenergetischen Elektronen und Positronen aufgebläht, welche durch den Pulsar entstehen und beschleunigt werden.

 

Pulsare

Ein Pulsar ist das Resultat einer Kernkollaps-Supernova Explosion und stellt einen sehr dichten Überrest mit Massen von ca. 1.5-2 Sonnenmassen und einem Radius von etwa 10 km dar. Er besteht hauptsächlich aus Neutronen und wird daher auch Neutronenstern genannt. Außerdem sind Neutronensterne die dichtesten Objekte die aus normaler Materie bestehen. Hier einige Eigenschaften von Neutronensternen:

1. Die Dichte ist vergleichbar mit der Dichte eines Atomkerns. Das bedeutet, dass ein Teelöffel voll mit Materie dieser Dichte würde ungefähr eine Milliarde Tonnen wiegt.

2. Neutronensterne haben sehr starkes Magnetfeld auf ihrer Oberfläche, es ist 10 Millionen mal stärker als das verwendete

Magenetfeld am LHC am CERN oder eine Billiarde mal so stark wie das der Erde.

3. Außerdem haben haben Neutronensterne eine sehr kurze Eigenrotationszeit. Direkt nachdem ein Neutronenstern geformt

wurde rotiert dieser einige hundert Male pro Sekunde um die eigene Achse.

Wegen der schnellen Rotation und dem starken Magnetfeld entstehen Elektron-Positron Paare die zu sehr hohen Energien beschleunigt werden. Diese von der Oberfläche weggerissenen Elektron-Positron Paare zusammen mit Elektronen emittieren Strahlung in verschiedenen Frequenzen, vom Radio zu hochenergetischen Gammastrahlen. Diese emittierte Strahlung , stammend von Neutronensternen, beobachten wir auf der Erde als pulsierendes Objekt, wegen des Leuchtturm-Effekts. Mit der Zeit verlieren Pulsare Rotationsenergie auf Grund der Emission von Radiowellen, sowie der Produktion und Beschleunigung von Elektron-Positron Paaren. Deshalb kann ein Pulsar eine Rotationsfrequenz von einigen hundert pro Sekunde bis zu einer Rotation innerhalb mehrerer Sekunden haben, dies ist abhängig von dem Alter des Pulsars.

Pulsare wurden von einer Studentin der Cambridge Universität in England names Jocelyn Bell entdeckt, während sie über die Daten, aufgenommen mit ihrem Radioteleskops, nachdachte. Diese Daten umfassten 120 Meter Papier. Dabei ist ihr etwas seltsames aufgefallen: die Daten schienen sich alle 1.33730 Sekunden zu wiederholen. Und so wurde der allererste Pulsar entdeckt, welcher heutzutage als PSR B1919+21 bekannt ist aber auch unter dem Namen ‘Little Green men’ (kleiner grüner Mann), weil man erst dachte Signale von außerirdischem Leben detektiert zu haben. Im Folgenden ist dieser Pulsar simuliert worden (Quelle: https://nasa.tumblr.com/post/163637443034/five-famous-pulsars-from-the-past-50-years).

 

Unnützes Wissen/Fun Fact: Dies ist der Pulsar des Albumcovers von Joy Divisions Album “Unkown Pleasures”!

Pulsar Signale entdeckt bei Dr. Jocelyn Bell Burnell. (https://nasa.tumblr.com/post/163637443034/five-famous-pulsars-from-the-past-50-years)

Millisekunden Pulsare

Es gibt eine Klasse an Pulsaren, die eine sehr kleine Rotationsperiode von einigen Millisekunden haben. Diese heißen Millisekunden Pulsare (millisecond pulsars, MSPs).

Ein MSP ist ein Pulsar mit einer Rotationsperiode kleiner als 10 Millisekunden. MSPs wurden im Radio-, Röntgen und Gammastrahlungsbereich detektiert. Die federführende Theorie zum Ursprung dieser millisekunden Pulsare ist, dass diese alt sind und schnelle rotierende Neutronensterne, die “aufgezogen” oder recyclt wurden mit Hilfe der Anhäufung von Materie von einem Partnerstern in einem Doppelsternsystem. Deswegen werden millisekunden Pulsar manchmal auch als recyclte Pulsare bezeichnet (Video: https://sci.esa.int/web/integral/-/52867-an-ordinary-pulsar-evolving-into-a-millisecond-pulsar). Der Unterschied zu jungen Pulsaren, welche auch eine Rotationsfrequenz von einigen Millisekunden, ist, dass alte Pulsare ein Magnetfeld besitzen, welches ca. 1000 mal kleiner ist. Dies führt zu einem langsameren Verlust der Energie im Gegensatz zu jungen Pulsaren und können damit mit einer sehr kleinen Rotationsperiode für Milliarden Jahre weiter rotieren.

 

Extragalaktische Gammastrahlungsquellen

Neben den Quellen innerhalb unserer Galaxie kann auch Gammastrahlung von extragalagtischen Quellen, also außerhalb der Milchstraße, gemessen werden. Die meisten sind aktive Galaxienkerne (Actice Galactic Nuklei, AGN) und Gammastrahlunsausbrüche. AGNs übertreffen die Anzahl der bekannten Pulsare und anderer Quellen im Fermi Katalog (Ansammlung an Quellen mit Fermi gemessen).

Aktive Galaxienkerne

Die Kerne von vielen Galaxien produzieren enorme Mengen an Strahlung in allen Wellenlängen. Es wird angenommen, dass diese AGNs von der Anhäufung von Materie auf das supermassive Schwarze Loch genährt werden. Diese supermassiven Schwarzen Llöcher können Massen zwischen Millionen bzw. Milliarden Mal der der Sonne aufweisen. Auch wird vermutet, dass die hochenergetische Emission von dem Außenbereich des heißen Materials in der Akkretionsscheibe und/oder des leistungsstarken Jets kommt. Eine Schematik ist hier zu sehen:

Schema eines AGNs.

 

Gammastrahlungsausbrüche

Gammastrahlungsausbrüche (gamma-ray bursts, GRBs) sind kurze Ausbrücke von Gammastrahlung. Sie dauern zwischen ein paar Millisekunden und einigen Minuten. GRBs sind hunderte Mal heller als eine typische Supernova und etwa eine Millionen Trillionen Mal heller als unsere Sonne. Wenn ein solcher Ausbruch passiert ist dieser kurz die hellste Quelle an kosmischer Strahlung im beobachtbarem Universum.

 

Heller GRB 130427A beobachtet im Gammastrahlungsbereich. https://www.nasa.gov/topics/universe/features/shocking-burst.html

 

Es existieren zwei Arten an GRBs: lange und kurze. Kurze sind bis zu 2 Sekunden lang und Lange mehr als 2 Sekunden (siehe Graphik). Zudem glaubt man, dass kurze Gammastrahlungausbrüche enstehen wenn zwei Neutronensterne verschmelzen und so ein Schwarzes Loch bilden. Lange werden durch einen Kernkollaps eines alten massereichen Sterns  hervorgerufen (ähnlich wie bei einer Kernkollapssupernova), dabei ist der Kern jedoch so schwer, dass statt eines Neutronensternes ein Schwarzes Loch entsteht.

Verteilung der Dauer eines GRB. https://imagine.gsfc.nasa.gov/science/objects/bursts1.html

 

Weitere Informationen über Gammastrahlungsquellen und Himmelskarten von diesen kann auf dieser Seite gefunden werden.